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"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - Bohnen

Aus aktuellem Anlass eine Vorbemerkung zur Verhaftung der früheren Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi in Myanmar am Montagmorgen: Ihre demokratische Nationalliga hatte in den Wahlen im November vier Fünftel der Wählerinnenstimmen erobert, was den Militärs nicht in den Kram passte, deshalb haben sie sich unter dem Vorwand des Wahlbetrugs wieder an die Macht geputscht, die sie gar nie richtig abgegeben haben.

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Vielleicht erklärt diese Hintergrund-Macht der Armee zum Teil das unmenschliche Vorgehen der Burmesen gegen die muslimische Minderheit der Rohingyas, zu welchem sich Frau Frieden nie geäußert hat; vielleicht auch nicht. Jedenfalls verfrachten im Moment die muslimischen Mitbrüder und -schwestern in Bangladesch diese Rohingyas auf eine überflutungsgefährdete Insel, und Frau Aung San Suu Kyi wird wohl in ein paar Wochen wieder im Regierungspalast aufkreuzen. Soviel noch zu diesem Unterabschnitt der Weltgeschichte.

Am letzten Donnerstag rüstete ich grüne Bohnen, die ich ein paar Tage zuvor in einer der beiden großen Einzelhandelsketten in der Schweiz erworben hatte, die ihren Angestellten übrigens nicht immer gleich viel bezahlen wie die Neophyten, die vor zehn Jahren ins Land gezogenen Lidl und Aldi, damit dies auch noch gesagt ist, aber wie auch immer. Bohnen sind in der Schweiz Mangel­ware, die Migros importiert sie aus dem berühmten Land mit dem Namen «siehe Verpackung», nein, Scherz, das steht zwar am Regal, aber eben, auf der Verpackung findet sich dann sauber die Herkunfts­an­gabe. Oft kommen die aus Ägypten, was mich eigenartig dünkt: haben die nicht selber genug Mäuler zu stopfen? Müssen die jetzt auch noch Bohnen exportieren? Sand, wohlan, meinet­wegen auch ein paar Pyramiden oder Mumien, aber Bohnen? – Aber sei's drum, die Geheimnisse des internationalen Welthandels haben sich mir noch immer nicht alle erschlossen. – Ich rüste Bohnen übrigens nach den Vorgaben meiner Frau Mama selig, da fällt mir gerade auf, dass ich hier einen Helvetismus verwende, der hinter dem eisernen Vorhang vermutlich nicht geläufig war, nämlich «rüsten», bei Euch heißt das wohl «putzen», aber wir in Zürich, wir putzen das Gemüse nicht, sondern rüsten es, und ich die Bohnen wie gesagt nach den Vorgaben meiner verstorbenen Mutter, nämlich schneide ich nur jenes Stück hinten an der Hülse ab, wo sie angewachsen war, lasse aber die Spitzen dran, denn darin, pflegte meine Mutter zu sagen, befinden sich die meisten Vitamine. Ob dies stimmt oder nicht, konnte ich bisher noch nicht überprüfen; vielleicht hätte ich in den Internet-Quellen verschiedene gegenteilige Auffassungen mit der jeweiligen Begründung gefunden, vielleicht gibt es sogar eine Bohnenspitzen-Vitamine-Verschwörung, die ich nun aus dem einzigen Grund nicht aufdecke, weil ich der Sache nicht nachgehe und meiner Mutter auch weit über ihren Tod hinaus blind vertraue.

Ich hatte zwei Mal 500 Gramm gekauft. Der erste durchsichtige Beutel stach mir sofort ins Auge, weil dort die Bohnen so angeordnet waren wie ein preussisches Garderegiment, also mindestens beinahe, oder sagen wir eine Reihe frischen Spargels. Alle Spitzen zeigten nach unten, die abzu­schneidenden Anwachse-Stellen befanden sich oben, und die Bohnen waren alle exakt 8.9 Zenti­meter lang. Das hatte ich noch nicht beobachtet, muss ich sagen; die letzten Bohnen aus Ägypten lagen ungefähr so im Beutel, wie ich mir die ägyptische Hauptstadt Kairo vorstelle; hier aber herrschte Ordnung und Disziplin, was ich übrigens schon längere Zeit nicht mehr mit Deutschland in Zusammenhang bringe, wenn ich an Deutschland denke, kommen mir zuerst ein paar sehr nette und vernünftige Menschen in den Sinn und dann als erster Knackpunkt die Bürokratie, aber nicht etwa der Fetisch von Ordnung und Disziplin, durchaus nicht. Auch nicht Unordnung, bewahre, aber die Ordnung in Eurem schönen Land ist von ungefähr der gleichen Güte wie in allen anderen normalen Ländern. Sie reicht, mit anderen Worten, kaum einmal bis in eine Bohnentüte hinein, was aber hier der Fall war. Ich schaute mir die Inhalts- beziehungsweise Herkunftsangabe an: hergestellt in Marokko, stand da. Aha! Ich war beglückt. Offenbar klappt der transmediterrane Handel nicht nur zwischen Ägypten und der Schweiz, sondern auch zwischen Marokko und unserem Land, unter Umgehung des spanischen Gemüse- und Früchtezentrums im Süden Andalusiens, was ich ja schon lange nicht nur für die Schweiz, sondern für die gesamte EU empfehle, selbstverständlich unter Bereitstellung von Alternativen für den Süden Andalusiens, versteht sich, versteht sich, jedenfalls war hier in Bohnenform meine Vision von vernünftigem Nord–Süd-Handel eine greifbare Realität und zudem noch eine schöne, indem die Maghrebiner oder Mauren, wie man sie früher nannte, die Ware auch noch in jene Ordnung brachten, von der sie wohl annahmen, dass sie bei uns Sympathien wecken würden, was sie bei mir auch taten, sagen wir: in einer bestimmten, absurden Unterart.

War ich dann also fertig mit der ersten Tüte und griff zur zweiten, aber was sah ich: ein byzant­i­ni­sches Durcheinander, das sich aber weder als ägyptisch noch als byzantinisch, also als türkisch, sondern als senegalesisches Durcheinander entpuppte. Hergestellt in Senegal! Die Bohnen waren alle unterschiedlich lang, zum Teil schienen sie schon ein bisschen vor- oder angekocht, und eben, sie steckten so in der Tüte, dass keine ordnende Absicht dahinter zu erkennen war. – Was mir aber vollkommen egal war; ich entfernte auch hier den Anwachse-Nippel der Bohnen und gab dann Ma­rokko und Senegal in den Schmelz- beziehungsweise Kochtiegel, also ins heiße Wasser, und aus.
Ob die Zukunft Afrikas in der Bohnenproduktion liegt, wage ich trotzdem zu bezweifeln; immerhin scheinen diese Hülsenfrüchte keine zentrale Rolle bei der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU zu spielen, sonst kämen sie wohl kaum nach Europa, wobei die Schweiz selbstverständlich gar nicht zu Europa gehört, aber das ist wieder ein anderes Kapitel. Dafür ist mir etwas anderes in die Augen gestochen, und zwar ging ich wieder mal auf die Suche nach meiner personellen Ergänzung zu Hayden Panettiere, von der wir überhaupt nichts mehr gehört haben, außer dass sich ihr Lover Brian Hickerson nach mehrmaliger Anwendung von häuslicher Gewalt nur noch bis auf 100 Yards an sie annähern darf, wobei man 100 Yards mit einem Sprint natürlich in 10 bis 20 Sekunden überwunden hat, die Gefahr scheint mir durch dieses minimale Annäherungsverbot also keineswegs gebannt. Übrigens hat eine andere bekannte US-Amerikanerin, nämlich Britney Spears, im letzten März bekannt gegeben, dass sie nicht die 100-Yards-, sonder die 100-Meter-Strecke in 5.97 Sekunden zurückgelegt habe nach all dem Training während dem Corona-Stillstand, aber das hängt vielleicht auch mit ihrem Namen zusammen, denn Speere fliegen tatsächlich innerhalb von unter 5 Sekunden bis zu 100 Meter weit, der Weltrekord steht bei 98.48 Metern, er wird gehalten von Tschechen Jan Zelezny, der ihn im Mai 1996 aufstellte – wobei, wobei: eigentlich hatten wir einmal einen Speerwurf-Weltrekord von über 100 Metern, nämlich 104 Meter und 80 Zentimeter, aufgestellt vom DDR-Sportler Uwe Hohn am 20. Juli 1984 beim Olympischen Tag im Berliner Jahnstadion. Über diesen Wurf erschrak die Internationale Leichtathletikföderation derart, dass sie per 1. April 1986 einen neuen Wettkampfspeer mit verändertem Schwerpunkt einführte, der eine steilere Flugbahn und damit ein schnelleres Absinken des Fluggerätes bewirkt, wie ich der Wikipedia entnehme. Was nicht auf der Wikipedia steht, ist die Zeit, welche der Speer benötigte, um seine 100 Meter zurückzulegen; ich bin sicher, er war schneller als Britney Spears. Das meine ich selbstverständlich nicht als Kritik an der, meines Wissens nach wie vor entmündigten US-Trällerbohne, die sich erstmals in mein Bewusstsein eingegraben hat, als sie vor zwölf Jahren ihre Liebe zur republikanischen Partei und zum damaligen Präsidenten Wilhelm Busch zum Ausdruck gebracht hat, was sie übrigens mit Hayden Panettiere teilt, welche eben auch vor zwölf, nein dreizehn Jahren für Wilhelm Busch am US-amerikanischen Nationalfeiertag die Nationalhymne vortrug. Womit wir wieder bei Hayden Panettiere wären. Diese ist in letzter Zeit nur durch ihre Geburtstagswünsche an ihre Tochter an die Öffentlichkeit getreten, welche sie im letzten Sommer absetzte; das Kaya-Mädchen lebt unter der Obhut von Vater Wladimir Klitschko. Sonst weiß ich von Mutter Hayden nichts und muss nicht zuletzt aus diesem Grunde zurückgreifen auf Frau Michaella Rugwizangoga, die seit bald drei Jahren als Chefin von VW Mobility Solutions Rwanda fungiert, in Deutschland studiert hat und nebenbei auch noch als Poetin und Key Note Speakerin am World Economic Forum amtet; sie ist mir letztmals begegnet im März letzten Jahres im Internet-Magazin des VW-Konzerns, wo sie gemeinsam mit Rem Koolhas ein Interview bestritt. Frau Rugwizangoga erfüllt mehr oder weniger alle Kriterien, die man an einen modernen Menschen stellen wird, und sie ist nicht nur mit einem Büro im Präsidentenpalast in Ruanda, sondern auch global gut vernetzt, vielleicht wird sie uns eher einmal eine World Leaderin als grad Hayden Panettiere. Aber, Ahaber –

Als CEO von Volkswagen Mobility Solutions präsidierte sie eine Bude, die so ziemlich mal 50 Automobile pro Jahr zusammensetzte aus angelieferten Bestandteilen. Neuerdings setzt man, also auch Michaella, vermehrt auf Elektromobilität und hat dafür sogar einen Weltkonzern, nämlich die Siemens AG als Partner gefunden. Siemens spricht davon, auf dieser Grundlage die Verkehrs­pro­bleme der ruandischen Hauptstadt Kigali mit ihrer Million Einwohnerinnen anzupacken. Das ist alles wunderbar, aber wenn man mich fragt – die deutsche Gesellschaft für Technische Zusam­men­arbeit oder meinetwegen ein paar europäische Bau- und Zementfirmen würden sich besser daran machen, für die ruandische Hauptstadt mal ein S- oder U-Bahnnetz anzupacken anstelle der Kleinbusse, welche im Moment das Verkehrsaufkommen in Kigali bewältigen, unter Zuständen, die man sich auch ohne Studium der Entwicklungszusammenarbeit von den Fingernägeln einer Hand abbeißen kann. Ich habe den Eindruck, man muss wieder mal warten, bis der Chineserer höchstselber in Ruanda auftaucht, bis sich auf dieser Ebene endlich mal was tut, während die Europäerinnen und allen voran Volkswagen und Siemens nach wie vor der Meinung sind, es reiche vollständig, eine anständige junge Frau als globale Vorzeigeunternehmerin zu montieren; sie gehen offensichtlich nach wie vor davon aus, dass sowieso niemand auf die Idee kommt, ihr Engagement zu hinter­fragen, das sowieso mehr unter dem Etikett von A-fonds-perdu-Beiträgen an Rwanda läuft als einem echten Interesse an der Lösung von Kigalis Verkehrsproblemen zuzuschreiben ist.

Eine ähnliche Nachricht erreicht mich übrigens von Herrn Ashish Thakkar, der nun auch schon vor zwei Jahren in der Sonderwirtschaftszone von Kigali eine Smartphone-Fabrik eröffnet hat; die Geräte heißen «Maraphones». Auch diese Meldung wurde an die größte verfügbare Glocke gehängt; es handle sich um das erste afrikanische Smartphone. Naja, nicht ganz zu 100%, das Betriebssystem, der Bildschirm und die Batterien stammen immer noch von Lieferanten außerhalb des Kontinentes, aber immerhin; die sechshundert Komponenten des Motherboards würden in Kigali montiert. Seither hat man nicht viel erfahren, außer dass das Unternehmen eine weitere Produktionslinie in Durban eröffnet habe; die Geräte werden in Burkina Faso und in England vertrieben. Zahlen gibt Ashish Thakkar keine bekannt; er spricht von einem Exporterfolg in 67 Länder und will in diesem Jahr einen Umsatz von über 100 Millionen Dollar erzielen. Kritische Stimmen sprechen aber von nur gerade 90 verkauften Geräten pro Monat. Naja, immerhin, irgendwo muss man halt beginnen. Durchaus; aber kann man das Ganze nicht etwas besser aufgleisen? Wenn diese Maraphones tatsächlich etwas wert sind, kann nicht die GTZ 100'000 Stück davon anfertigen lassen und sie, was weiß ich, gratis oder kostengünstig abgeben an Menschen, die kein Geld für sowas haben? Vielleicht sogar nach Deutschland importieren und als Alternative für Huawei verwenden. Damit wäre Ruanda und dem ganzen afrikanischen Kontinent geholfen. Aber daran, fürchte ich, ist die Industrie beziehungsweise ist Deutschland beziehungsweise ist Europa gar nicht interessiert. Bloß wundert man sich hinterher, was die Chinesen alles schon bewegt haben auf dem Kontinent. Michaella Rugwizangoga hätte vielleicht besser Mandarin gelernt statt Deutsch.


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Albert Jörimann
02.02.2021

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