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Reggae, Ska, Dub

Wir ziehen einen Schlussstrich! – Rechtsstreit beendet

Der ehemalige NPD-Landesvorsitzende von Thüringen, Tobias Kammler, wollte eine Radio F.R.E.I.-Reportage durch Unterlassungsaufforderung unterbinden. Doch Radio F.R.E.I. wollte sich nicht den Mund verbieten lassen.



Wir ziehen einen Schlussstrich! – Rechtsstreit beendet

Im Dezember 2015, wenige Tage vor Weihnachten, flatterte Radio F.R.E.I. eine Aufforderung zur Unterlassung ins Haus. Der Anwalt des damaligen NPD-Vorsitzenden von Thüringen führte darin aus, warum aus Sicht seines Mandanten der Beitrag „Buttlar – ein Dorf nimmt Flüchtlinge auf“ aus dem Netz zu nehmen sei. Eine angefügte Schadensersatzforderung bezifferte darüber hinaus den emotionalen Schaden auf 1.000 Euro.

Wir, die Redaktionssitzung von Radio F.R.E.I., entschlossen uns, diese Unterlassungserklärung nicht abzugeben und stattdessen gegen die in unseren Augen ungerechtfertigte Unterlassungsaufforderung vorzugehen. Nun, zwei Jahre später, haben sich zwei Anwälte, vier Richter und zahlreiche Aktenordner mit dem Fall beschäftigt. Ihr Ergebnis: Es ist kompliziert! Oder wie es der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwerdtfeger formulierte: „Das ist eine Sache, bei der es ‚Spitz auf Knopf‘ steht“. Als Resultat steht nun ein Vergleich, dem Radio F.R.E.I. zugestimmt hat. Ein Ergebnis, das aus unserer Sicht und nach Abwägung aller Optionen die beste Möglichkeit war, um bei unserer Rechtsauffassung bleiben zu können. Nicht ausschlaggebend, aber dennoch bedenkenswert bei unserer Entscheidung war auch das drohende finanzielle Risiko durch ein Urteil.

Ausschließlich eine fragliche Stelle im O-Ton des Beitrags wurde nun von uns unkenntlich gemacht. Dadurch kann der Beitrag weiterhin veröffentlicht werden und in seiner Aussage als Zeitdokument erhalten bleiben.

Dieser Prozess, so machte es der Senat des Oberlandesgerichts im Verlauf des Verfahrens immer wieder deutlich, ist ein sehr komplexer Fall mit sehr spezifischen Herausforderungen für die Rechtsprechung. Hier trifft die Meinungsfreiheit auf Persönlichkeitsrechte und das ist ein sehr schwieriges Spannungsfeld, bei dem ein richterliches Urteil der Komplexität des Falls kaum gerecht werden kann.

Nun ist ein Verfahren beendet, was uns in den letzten zwei Jahren viel Geld, Zeit und Arbeit gekostet hat. Wir haben in dieser Zeit viel Unterstützung, Solidarität und Wertschätzung erfahren und dies weit über die Netzwerke freier Medien hinaus! Dafür ein herzliches Dankeschön!

Gemeinsam habt ihr uns bewiesen, dass freie Medien wirken und wahrgenommen werden. In einer Zeit, in der das gesellschaftspolitische Klima rauer und die politischen Kämpfe härter werden, sind klare journalistische Prinzipien und journalistisches Handwerk umso wichtiger, dafür wollen wir, dafür will Radio F.R.E.I., auch in Zukunft stehen.

05.Dezember 2017



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⬆⬆⬆ Anwalt Tim Staupendahl erklärt die Lage ⬆⬆⬆










In unserer Feststellungsklage gegen den ehemaligen Thüringer NPD-Landesvorsitzenden Tobias Kammler ist ein Urteil ergangen und das unterscheidet sich - wie erwartet - nicht vom Gütevorschlag des Gerichts. [siehe unten] In dem zehnseitigen Urteil macht der Richter deutlich, dass wir die Passage "Kammler und Co" so nicht hätten verwenden dürfen. Nach Ansicht des Gerichts sei dieses Zitat im Interviewteil des Beitrags eine Faktenaussage, die so nicht zuträfe und Radio F.R.E.I. hätte somit eine Falschaussage weiterverbreitet. Das Gericht erkennt damit an, dass ein Teil der Unterlassungsaufforderung dadurch eine Gültigkeit besitzt. So weit so klar - und dennoch gehen wir in Berufung. WARUM?!

fehlende Gesamtbewertung
Obwohl das Gericht in der Urteilsbegründung immer wieder betont, wie wichtig der Gesamtkontext in diesem Fall ist, wird - aus unserer Sicht - an der relevanten Stelle im Beitrag nur der umstrittene Satz "Kammler und Co." beachtet. Dass die Interviewpartnerin eine subjektiv empfundene Bedrohung schildert und dabei den Namen des umtriebigen ehemaligen Landesvorsitzenden der NPD nur als Synonym für organisierte "Asylkritiker*innen" benutzt, wird nach unserer Auffassung nicht bzw. falsch gewürdigt.

Sicherheit für unsere Interviewpartner*innen
Radio F.R.E.I. ist ein freies Radio, welches es sich zur Aufgabe gemacht hat, auch schwierige Themen anzupacken. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass die Meinungen und Ansichten unserer Interviewgäste so unverfälscht wie möglich zu unseren Hörer*innen gelangen. (Deswegen sind unsere Interviews nicht nach drei Minuten zu Ende :-)

Sicherheit für uns als Radiomachende
Wir haben während des ganzen Prozesses eine Menge gelernt. Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Ehrenamtliche Journalist*innen von Bürgersendern werden vor Gericht genauso behandelt wie Berufsjournalist*innen. Das klingt klingt zwar erstmal gut, hat aber auch seine Nachteile. So fehlen uns ehrenamtlichen Journalist*innen natürlich mehrere Jahre Berufsausbildung, ein Lektorat und ein Justiziariat. Während die professionellen Medienmacher*innen also einfach den Fall an ihre Rechtsabteilung übergeben können, müssen wir uns um alles selbst kümmern.

Dieser Prozess hat einige Wellen geschlagen - nicht nur in der Presse, sondern auch bei anderen freien Radios und Bürgermedien. Viele ehrenamtliche Medienmacher*innen schauen jetzt interessiert auf diesen Fall, denn fast jede*r hat regelmäßig mit solchen O-Ton-Zitaten von Interviewgästen zu tun. Nach diesem Urteil haben manche Redakteur*innen vielleicht die "Schere im Kopf" und halten sich mit Äußerungen stärker zurück. Das entspricht nicht unseren Vorstellungen einer "freien Medienlandschaft".

Wie geht's jetzt weiter?
Das Urteil ist bedauerlich falsch, in unseren Augen. Deswegen haben wir unseren Anwalt gebeten in Berufung zu gehen. Nun geht das Ganze in etwas entschlackter Form nochmal von vorne los, nur dass diesmal drei Richter*innen am Oberlandesgericht in Jena über die Frage der Rechtmäßigkeit der Unterlassungserklärung entscheiden müssen. Für uns ist das Verfahren jedoch nicht nur eine emotionale Belastung, auch finanziell steigt für uns das Risiko. Deswegen haben wir uns entschlossen auch wieder unsere Spendenseite zu öffnen. Schon jetzt bedanken wir uns bei allen, die bisher gespendet haben und auch bei denen, die jetzt darüber nachdenken.



artikel/Spendebutton.jpgspenden über betterplace.org


oder schreib eine Mail an spenden@radio-frei.de



[Disclaimer: Laut der Facebookseite des NPD-Landesverbands Thüringen ist Tobias Kammler seit dem 18. Februar nicht mehr Landesvorsitzender der NPD. Auch wenn dies momentan die einzige Quelle ist, haben wir uns entschieden von ihm als "ehemaligen" Landesvorsitzenden zu sprechen.]


Was bisher geschah:

In eigener Sache: Gütetermin gescheitert, wir kämpfen weiter für freie Meinungsäußerung

Am 8. Dezember fand am Landgericht Erfurt die Verhandlung in der Sache Radio F.R.E.I. vs. Tobias Kammler statt.

Dabei ging es im Kern um zwei Fragen.

Besteht nach wie vor für Radio F.R.E.I. ein Interesse, über die presserechtlich relevanten Stellen im Beitrag entscheiden zu lassen?
und
Hat Herr Kammler einen Anspruch darauf, nicht in dem Beitrag namentlich genannt zu werden?

Neben der bundesweiten Berichterstattung zum Beitrag und auch weil der Beitrag den Rundfunkpreis Mitteldeutschland gewonnen hat, wird das Gericht ein Feststellungsinteresse voraussichtlich bejahen. Das ist ein Erfolg, weil das Gericht ursprünglich ein solches Interesse nicht erkannte. Nun muss sich das Gericht mit den eigentlichen, den presserechtlichen Fragen auseinandersetzen.

Dem Gütevorschlag des Gerichts, die Passage „Kammler und Co“ aus dem Interviewteil des Beitrags zu schneiden und in der Textversion zu entfernen, wollte sich Radio F.R.E.I. nicht anschließen.

Für Radio F.R.E.I. ist das eine grundsätzliche Frage, denn immer wieder werden in unseren Beiträgen auch Namen Dritter von unseren Interviewgästen genannt. Wir wollen dafür kämpfen, dass auch in Zukunft „Ross und Reiter“ benannt werden dürfen. Wir wollen auch in Zukunft umstrittene Menschen bei ihren Namen nennen und ehrlichen und unverstellten Graswurzeljournalismus betreiben. Und wir wollen, dass jeder Mensch der von uns interviewt wird, frei und ohne Angst vor Repression seine Meinung sagen darf. Dafür werden wir kämpfen und das
notfalls auch in der nächsten Instanz.

Das endgültige Urteil, welches dem Gütevorschlag sehr ähneln wird, wird am 5. Januar gesprochen.


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artikel/Radio FREI braucht dich.jpg

Kritische freie Medien einschüchtern? - Nicht mit uns!


Der NPD-Landesvorsitzende von Thüringen, Tobias Kammler, will eine Radio F.R.E.I.-Reportage durch Unterlassungsaufforderung unterbinden. Doch das freie Radio aus Erfurt will sich nicht den Mund verbieten lassen.


Herbst 2015. In Deutschland brannten wöchentlich Flüchtlingsunterkünfte und die rechtspopulistische Rhetorik trieb auch in Thüringen tausende auf die Straße. Und mitten in alle dem Chaos: Ein kleines Dorf, am westlichen Rand des Freistaats, das einfach nur Flüchtlingen helfen will.

Radio F.R.E.I. sprach mit diesen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern über ihre Motivation, die Herausforderungen und auch ihre Ängste. Das Weltgeschehen ist auch an dem kleinen Dorf nicht spurlos vorbeigegangen. Manchmal ging der Riss, zwischen Angst und Willkommenskultur, auch durch die eigenen Familien. Daher gehörte Mut dazu, sich für Flüchtlinge zu engagieren und noch mehr Mut, dies auch öffentlich zu bekunden.

In einem der Interviews wird der NPD-Landesvorsitzende Tobias Kammler genannt. Er ist eine bekannte Persönlichkeit in der Region. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung organisierte er an vielen Orten Veranstaltungen, die sich gegen die Unterbringung von Flüchtlingen richteten. Hierdurch wurde bei vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer Angst vor Menschen wie Tobias Kammler ausgelöst, was sie im Interview auch zum Ausdruck brachten.

Tobias Kammler sieht in diesen Befürchtungen seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Einen Monat nach der Ausstrahlung ging eine Unterlassungsaufforderung bei Radio F.R.E.I. ein. Herr Kammler fordert eine Unterlassung und die Streichung seines Namens aus dem Interview. Er unterstellt den Redakteurinnen und Redakteuren mangelnde journalistische Sorgfaltspflicht und forderte in einem weiteren Schreiben eine Richtigstellung.

Radio F.R.E.I. unterschrieb diese Unterlassungserklärung nicht und suchte sich rechtlichen Beistand. Nachdem Herr Kammler auf die Antwort nicht reagierte, reichte Radio F.R.E.I. eine negative Feststellungsklage beim Landgericht Erfurt ein. Das Erfurter Stadtradio will nun juristische Sicherheit haben um diesen Beitrag in seiner ursprünglichen Form weiterhin ausstrahlen zu dürfen.




Chronologie der Ereignisse

4. November 2015: Der Beitrag Buttlar – ein Dorf nimmt Flüchtlinge auf wird erstmals im Vormittagsmagazin auf Radio F.R.E.I. ausgestrahlt. Am selben Tag erscheint es auch in der Mediathek von Radio F.R.E.I.

17. Dezember 2015: Am Abend geht per E-Mail eine Aufforderung zur Unterlassung der Kanzlei Hohnstädter bei Radio F.R.E.I. ein. Bis zum 21. Dezember wird Radio F.R.E.I. Zeit gegeben diese zu unterschreiben. Als Streitwert werden 10.000 durch Rechtsanwalt Arndt Hohnstädter fest gesetzt.

21. Dezember 2015: Radio F.R.E.I. beauftragt die Kanzlei rechTEC mit der Wahrnehmung unserer Interessen. Radio F.R.E.I. weist alle Vorwürfe zurück
und fordert den Verzicht auf den behaupteten Unterlassungsanspruch.

11. Februar 2016: Da auf das Schreiben vom 21. Dezember keine Antwort erfolgte, reicht Radio F.R.E.I. eine sogenannte „negative Feststellungsklage“ beim Landgericht Erfurt ein. Mit dieser will das Radio klären lassen, ob die Unterlassungsaufforderung gerechtfertigt war und ob der Sender in Zukunft den Beitrag weiterverbreiten darf.

16. September 2016: "Buttlar - ein Dorf nimmt Flüchtlinge auf" gewinnt beim Rundfunkpreis Mitteldeutschland den Preis für „Bester Beitrag Erwachsene - Hörfunk“. (Pressemitteilung der TLM)

8. Dezember 2016: Verhandlungstermin vor dem Landgericht in Erfurt.

5. Januar 2016: Urteilsverkündung


FAQ

Warum greift hier nicht unsere Rechtsschutzversicherung?

Rechtsschutzversicherungen haben einen klar definierten Rahmen unsere (und viele andere) hilft nur beim Vertragsrecht. Unsere Form des Rechtsstreit ist darüber nicht abgedeckt.

Was passiert mit den Spendengeldern wenn wir den Prozess gewinnen?

Ein Rechtsstreit kann ganz unterschiedlich ausgehen. Im für uns besten Fall gewinnen wir und die Gegenseite muss die Kosten tragen. In diesem Fall werden wir die Spendengelder natürlich für unsere journalistische Arbeit nutzen. Wir haben im Radio einen Recherchefonds, der alle Sendungsmachenden unterstützt. Damit finanzieren wir beispielsweise Reisen zu Interviewpartnern, Kongressen oder Tagungen. Auch unabhängig von den aktuellen juristischen Kosten kann auf der Spendenseite auch für den Recherchefonds gespendet werden.

Du hast weitere Fragen?

Schreib eine Mail an spenden@radio-frei.de



Unterstützer*innengruppe
05.12.2017

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